Duo vitia vitanda sunt, unum, ne incognita pro cognitis habeamus hisque temere assentiamur, quod vitium effugere qui volet -- omnes autem velle debent -- adhibebit ad considerandas res et tempus et diligentiam. Alterum est vitium, quod quidam nimis magnum studium multamque operam in res obscuras atque difficiles conferunt easdemque non necessarias.



Stilfrage ...! (Zumindest ein merkwürdiges Gesprächsverständnis!)
Quelle meiner folgenden Ausführungen ist die RP (Rheinische Post) ONLINE und ein Artikel vom 23. August 2016, entnommen am 30. Januar 2017. Auch wenn das alles längere Zeit zurückliegt, der überraschende Rücktritt vom Bahnchef Rüdiger Grube erinnert mich nun leider doch wieder an ihn: Ronald Pofalla, der wohl nun in dieses Amt drängen wird. Zugegeben: mir war jener Herr Pofalla noch nie sympathisch (dieses Urteil stützt sich auf mediales Erleben, persönlich habe ich ihn -- und das schadet bestimmt nicht -- nie kennenlernen müssen); somit habe ich meinen ideologischen Hintergrund -- wie es sich eben stets gehört! -- offengelegt.
Nun heißt es immer auf der einen Seite, Politiker müßten sich stets vorbildlich verhalten, andere Seiten betonen immer wieder, bei Politikern handele es sich um den Querschnitt unserer Bevölkerung (was bereits statistisch gesehen nicht zutrifft!), man dürfe sie also nicht mit anderen Maßstäben messen als andere Bürger eben auch. Diese letztere Ansicht teile ich nicht! Politiker haben zumindest in gewissen Bereichen Vorbildsfunktion, vor allem auch dann, wenn es darum geht, zum Wohle der Bevölkerung optimale Lösungen für Problemlagen zu finden. Und wirkliche Problemlösungen gibt es in aller Regel nur, wenn Auseinandersetzungen um die beste Lösung in erster Linie diskursiv geführt werden. Wie bekannt, Diskurse verlangen Disziplin, Achtung, Sachkenntnis, Zuhören, Begründungszusammenhänge, um die wesentlichsten Voraussetzung für eine qualitative Debatte zu nennen. Fehlen diese Elemente, werden sie gar durch Beleidigungen oder Verleumdungen des (geistigen) Kontrahenten ersetzt, dann ist das nur mehr von großem Übel ...
Ohne groß ins Detail gehen zu müssen -- die Hintergründe dürften hinlänglich bekannt sein --, gehe ich zurück ins Jahr 2011, Ende September, also in eine Periode, in der die Eurokrise auf einem ihrer mehreren Höhepunkte war. Wolfgang Bosbach war und ist bekannt als ein sehr engagierter und aufrichtiger, vor allem auch sachkompetenter Politiker, der stets überall für seine Meinung eintritt, sie sachlich und begründet vorträgt, vor allem dabei auch ausnahmslos höflich agiert. Vor allem war und ist seine kritische Einstellung gegenüber der Euro-Politik der Bundesregierung vom ihm stets betont und vorgetragen worden. Bosbach ein durch und durch integerer Mensch, zudem mit einer Biographie, die ausweist, daß er -- im Gegensatz zu vielen anderen seiner Kollegen und Kolleginnen! -- das Leben in mannigfaltigen Facetten kennt, also ein Fundament, auf dem Vertretung der Wähler in einem Parlament mit guten Gründen gelingen kann.
Offensichtlich etwas anders scheint es, was Auseinandersetzungen angeht, zumindest damals bei einer Besprechung der Berliner Repräsentanz des Landes NRW, der nordrhein-westfälischen Landesgruppe der CDU, Roland Pofalla (CDU), der damalige Kanzleramtsminister, gehalten zu haben ... Bei der Beratung über das Verhalten hinsichtlich des Euro-Rettungsschirmes (EFSF) wurde abschließend gefragt, wer gegen den Rettungsschirm stimmen werde. Es meldete sich Carsten Linnemann (damals noch relativ neuer Abgeordneter, heute u.a. Sprecher der Unionsmittelstandsvereinigung). Der zwei Plätze weiter von ihm sitzende Pofalla meinte daraufhin, ob Linnemann "in der Nacht noch Nachhilfe benötige". Und so ging es laut RP ONLINE (und vielen anderen Quellen, darunter FOCUS ONLINE, "Pofalla: Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen."; HANDELSBLATT vom 30.01.2017: "Roland Pofalla. Der Mann der die SPD an den Abgrund rückte.") dann noch weiter: "Bosbach sprang dem jüngeren Kollegen zur Seite und kritisierte Pofallas drohenden Tonfall, dies sei nicht die 'feine englische Art'. Kurz darauf war die Sitzung der CDU-Parlamentarier beendet. Pofalla und Bosbach trafen beim Herausgehen aufeinander. Pofalla raunzte Bosbach an: 'Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen.'
Dann eilte Pofalla weiter, drehte sich noch einmal um setzte nach: 'Du machst mit deiner Scheiße alle Leute verrückt.' Der Streit, den viele Abgeordnete mithörten, hatte sich mittlerweile auf die Straße verlagert, wo die Dienstlimousinen warteten." Bosbach argumentierte dann gegenüber Pofalla: "Ronald, guck bitte mal ins Grundgesetz, das ist für mich eine Gewissensfrage." Pofalla wurde daraufhin nochmals ausfällig: "Lass mich mit so einer Scheiße in Ruhe."
Die SPD, damals Oppositionspartei, forderte seinerzeit -- für mich völlig nachvollziehbar! -- den Rücktritt Pofallas als Kanzleramtsminister; freilich vergeblich, Pofalla blieb auf seinem Posten bis zum Regierungswechsel im Jahre 2013 und wechselte dann in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG.
Ronald Pofalla hat sich später für seinen "Wutausbruch" bei Wolfgang Bosbach entschuldigt, der die Entschuldigung annahm (was ich, zugegebenermaßen, in einem derartigen Fall nicht gemacht hätte, bei mir wäre Pofalla ganz gewiß nicht so leicht davongekommen ...) Laut BILD sagte Pofalla: "Ich ärgere mich selbst sehr über das, was vorgefallen ist, und es tut mir außerordentlich leid." Ich möchte das schon etwas differenzierter sehen: Es ist zu billig, derart unkontrolliert sich in einer eigentlich notwendigen demokratischen Auseinandersetzung zu verhalten, ein solch miserables Beispiel zu geben (zudem er zuvor Generalsekretär der CDU gewesen war, also um entsprechenden Verhaltenskompetenz und Vorbildwirkung wissen hätte sollen, auch galt er als der enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel, was bei derartiger Entgleisung auch seitens Kanzlerin eigentlich zu einer Trennung von Pofalla hätte führen sollen ...), und dann zu meinen, mit einer Entschuldigung wäre alles erledigt. Steckt denn hinter einem derartigen Wutausbruch ein Charakter, eine Person, wie ihn sich Bürger als Volksvertreter und Führungskraft wünschen? Ich kann nur hoffen, daß derartiges Verhalten auf einer ganz breiten Ebene verurteilt wird, daß man sich so keinen Abgeordneten als Vertreter von Volksinteressen vorstellt. Damals stand zwar die Kanzlermehrheit auf der Kippe, Merkels Furcht vor Machtverlust war entsprechend groß und berechtigt, aber dennoch sind Auswüchse wie sie Pofalla da gezeigt hatte, inakzeptabel. Der Spruch "Ende gut, alles gut." darf allenfalls auf das knappe Erreichen der Kanzlermehrheit angewandt werden (ich hätte mir einen anderen Ausgang allerdings sehr gewünscht!), gewiß aber nicht auf Pofallas seinerzeitiges politische Überleben ... Wir brauchen in der politischen Auseinandersetzung -- ich wiederhole mich da gerne und ganz bewußt! -- Sachlichkeit und keine Verbalexzesse!
Es spricht einmal mehr für Wolfgang Bosbach, daß er trotz des rüden und unsachlichen Verhaltens Pofallas dessen Entschuldigung angenommen hat; nach einem Vier-Augen-Gespräch im Kanzleramt meinte Bosbach, für ihn sei die Sache erledigt und er versuche (sic! -- man achte durchaus auf dieses sicherlich nicht unwesentliche Wörtchen .., d.V.), den Vorgang zu vergessen.
Damals hatte die SPD Pofalla vorgeworfen, seinem Amt nicht gewachsen zu sein und forderte dementsprechend den Rücktritt des Kanzleramtchefs. Auch aus Teilen der Union wurde Pofallas Ausraster kritisiert. Leider ohne unmittelbare Konsequenz. Das Handelsblatt (a.a.O.) griff die Kritiken der SPD an Pofalla auf und folgert: "Erreicht hat die SPD mit ihren Attacken allerdings nichts. Pofalla erdreistete sich gar, die Angelegenheit für beendet zu erklären. Im Netz brachte ihm das Spott und Häme ein. Bei Twitter überlegten User, was der Kanzlerminister noch alles beenden könnte („…den Nahostkonflikt“, „…Schuberts 8. Sinfonie“, „…den Arbeitstag“). Die Chuzpe, mit der der CDU-Mann die NSA-Affäre händelte, ist typisch für Pofalla. Durch seine Art, Dinge zu bewerten, einzuordnen oder abzubügeln, ist er schon früher aufgefallen. Immer dann, wenn er sich in die Defensive gedrängt sah, holte er zum Gegenschlag aus." Auch in diesem Kontext verweist das Blatt nochmals auf Pofallas Umgang mit Wolfgang Bosbach und betont, daß Pofalla selbst vor eigenen Leuten nicht halt machte ...
Nun könnte man sagen, Pofalla hat die Politik längst verlassen, gehe nun seinen Weg (nach dem heutigen, 30.01.2017, sofortigen Rücktritt Rüdiger Grubes als Bahnchef) höchstwahrscheinlich in die absolute Spitze der Deutschen Bahn AG, und seine politische Vergangenheit ist nichts als Schnee von gestern... Vielleicht ist das aber dann doch noch zu kurz gedacht (und ich persönlich hoffe, daß es das auch ist!) Denn der Eigentümder der Deutschen Bahn AG ist der Bund. Die Zuständigkeit fällt in das Bundesverkehrsministerium (dem Alexander Dobrinth vorsteht, über den der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer einmal -- war es süffisant, ironisch oder tatsächlich ernst gemeint, so genau weiß man das bei Seehofer ja nicht immer! -- gesagt hatte "Ein Dobrinth scheitert nie!") und als Interimschef wurde der Bahn-Finanzvorsand Richard Lutz genannt. Ein Sprecher des Ministeriums: "Der Personalausschuss ist beauftragt, zügig mit der Suche nach einem Nachfolger zu beginnen." (SZ Online, 30.01.2017, "Bahnchef Grube tritt zurück")
Jedenfalls könnte Pofalla seine politische Vergangenheit nun doch wieder einholen. Denn der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz kündigte laut Der Tagesspiegel vom 30.01.2017 an, "dass seine Partei bei der Nachfolge Grubes mitreden wolle. Über die Besetzung des Postens werde in der Koalition entschieden, sagte er am Montag. Die Koordinierung der Gespräche in dem Regierungsbündnis betreibe nach wie vor Vizekanzler Sigmar Gabriel, aber in enger Abstimmung mit ihm als designiertem Nachfolger für den Parteivorsitz." Auch SPD-Fraktionsvize Sören Bartol meinte, es gebe nichts zu überstürzen: "Da gibt es niemanden, der sich sofort aufdrängt." Diese Positionierungen klingen ja nicht gerade so, als wäre der Ende 2016 zum Infrastrukturvorstand der Bahn AG aufgestiegene Ronald Pofalla, erste Wahl auf breiter Ebene. Und Martin Schulz macht nach seinen ersten Auftritten seit seiner Ernennung zum Kanzlerkandidat der SPD (beachtlich vor allem auch sein Auftritt bei Anne Will am 29.01.2017, bei dem er eindeutig und verständlich Klartext sprach, sich nicht vor Beantwortung gestellter Fragen drückte, nie weitschweifig wurde -- selten für Politiker und Politikerinnen hierzulande!) nicht gerade den Eindruck, als ließe er sich leicht über den Tisch ziehen, als würde er faulen Kompromissen zustimmen! Man kann also getrost das von Martin Schulz verwendete Wörtchen "wolle" nicht als Ausdruck von Unterwürfigkeit, von leicht zu erzielender Nachgebigkeit, mißverstehen, sondern sollte es so nehmen, wie es aller Wahrscheinlichkeit gedacht war und ist: als "werde", als "mitreden werde". Und wird dies durchgehalten, für die Bahn AG wäre es sicherlich ein Segen, wie weitere Forderungen der SPD (nun unter Martin Schulz) hoffen lassen, so z.B. die Aussage des SPD-Verkehrspolitikers Martin Burkert: "Rüdiger Grube war nach Hartmut Mehdorn der Richtige, um die Deutsche Bahn wieder zur Ruhe zu bringen. (...) Es braucht jetzt einen Bahnchef, der Qualität und Zuverlässigkeit voranbringt und DB Cargo wieder aufs richtige Gleis setzt." (Quelle: Der Tagesspiegel, ebd.)
Ob ein Pofalla als Nachfolger für Grube die Wünsche und Hoffnungen vom Fahrgastverband Pro-Bahn erfüllen könnte, bezweifele ich allerdings sehr; Pro-Bahn bedauerte den Rücktritt Grubes: "Grube hat nicht alles umgesetzt, was er wollte, aber er blieb mit uns und den Kunden im Gespräch", er habe den Konzern "nicht autokratisch" geführt und "Wir Wir wünschen uns einen Nachfolger, der so offen ist.", so Karl-Peter Naumann, Pro-Bahn Ehrenvorsitzender gegenüber dem Tagesspiegel. Nochmals: Wer Pofallas Verhalten gegenüber Bosbach und viele andere Auftritte von ihm in Erinnerung hat, der dürfte schwerlich glauben, daß Pofalla ein guter Nachfolger für Grube wäre.
Nicht alle sehen allerdings Rüdiger Grube so positiv wie Pro-Bahn; so meinte das Bündnis "Bahn für Alle", daß Grubes Weggang positiv sei, denn "Grube hat das Kerngeschäft -- inländischer Schienenverkehr -- ausbluten lassen", die Gegner von Stuttgart 21 hoffen laut Sprecher der Stuttgarter Parkschützer, Matthias von Herrmann, nun auf eine Ende des Projekts (für das Grube stand) und die Linken-Verkehrspolitikerin Sabine Leidig meinte, Grube habe sich mit seinen Projekten finanziell "ganz offensichtlich verspekuliert", so daß sein Rücktritt da nur die offensichtliche Folge sei. (Der Tagesspiegel, ebd.) Anton Hofreiter (Die Grünen) sieht den Rücktritt Grubes als "Chance für einen Neuanfang", was unter anderem auch mit Blick auf Stuttgart 21 den Ausstieg aus "unnötigen Prestigeobjekten" bedeute. (Quelle: Neuen Osnabrücker Zeitung vom 30.01.2017). Sein Fraktionsvize Oliver Krischer meinte, Grube sei der Sündenbock für Alexander Dobrinths falsche Bahnpolitik, denn statt eine Schienenoffensive starten zu können, "durfte Grube nur den Mangel vewalten, während Schulden und Verspätungen immer mehr zunahmen." (ebd.)
Bündnis90/Die Grünen, seit Jahrzehnten bekannt für Ziele einer umweldfreundlichen Verkehrspolitik, erklären zum Rücktritt Grubes und zur Bahnsituation in einer Pressemitteilung vom 30.01.2017: "Bahn: Wir brauchen einen Experten aus der Branche" über ihren Sprecher für Bahnpolitik, Matthias Gastel: "Wir brauchen jetzt einen ausgewiesenen Experten der Bahnbranche, keinen weiteren Auto- oder Luftfahrtmanager. Wegen schwerwiegender Fehler im Bahnmanagement und auch von Verkehrsminister Dobrindt, dümpelt die Bahn vor sich hin, mit maroder Infrastruktur, fragwürdigen Geschäftsbereichen und einem bedrohlichen Schuldenstand. Kanzlerin Merkel und Dobrindt stehen jetzt in der Pflicht, ausgewiesene Expertise an der Spitze der Deutschen Bahn zu bringen. Es ist Zeit für einen personellen und strategischen Neuanfang. Der offene Bruch zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsrat zeigt in aller Deutlichkeit, dass die Bundesregierung als Vertreterin des alleinigen Eigentümers und der DB-Vorstand in den letzten Jahren nicht mehr harmonierten. Schon im Herbst wurde das Scheitern von Bund und Bahn-Spitze deutlich, als Hilfszahlungen aus dem Bundeshaushalt den DB-Konzern retten sollten. Willkürlich wechselten sich unangemessene Einmischungen und das Unterlassen von klaren Vorgaben ab. Immer neue Einfälle aus dem Hause Dobrindt ergeben noch lange kein Konzept für die Bahnpolitik." (Quelle: Webseite Bündnis 90 / Die Grünen; Hervorhebung durch Fettdruck, d.V.)
Ob Pofalla all den genannten Ansprüchen für eine Aufbruchstimmung seitens Bahn genügen kann? Ob ihn die hierfür notwendigen fachlichen (wie gefordert) als auch die menschlichen Führungsqualitäten ausweisen?
Fachlich wohl kaum, wie sein beruflicher Werdegang nahelegt. Geboren als Sohn einer Putzfrau und eines Feldarbeiters hat er sich freilich zielstrebig hochgearbeitet: nach der mittleren Reife 1975 an der Hauptschule Weeze besuchte er die Fachoberschule für Sozialpädagogik in Kleve, wo er dann 1977 die Fachhochschulreife erwarb. Es folgte das Studium der Sozialpädagogik an der Fachhochschule Düsseldorf, Abschluß dort 1981 mit dem Diplom (FH) -- also einen Bildungsgang, den er mit seinem zukünftigen "Oberchef" (so er nach der Wahl 2017 noch in dieser Funktion tätig sein kann ...) Alexander Dobrinth gemein hat.
Ein Diplom (FH) ist dann quasi dem Vollabitur (Allgemeine Hochschulreife) gleichgestellt, so daß Pofalla auf dieser Basis dann noch Rechtswissenschaft an der Universität Köln studierte. Erstes Staatsexamen dann erfolgreich 1987, anschließend Referendariat, 1971 das zweite Staatsexamen, seitdem als Rechtsanwalt zugelassen. (Quelle: Wikipedia)
Jedenfalls fehlt m.E. in all diesen Ausbildungsgängen die umfassende Kenntnis, die das Führen eines Groß-Konzerns vorausbedingt. Juristische Kenntnisse, wie profund sie auch immer sein mögen, dürften da zwar notwendig, jedoch nicht hinreichend sein. Auch die unbestreitbare politische Erfahrung, die Pofalla erworben hat (seit 1975 Mitglied der CDU, Erfahrungen in fast allen Gremien, von der Kommunalpolitik bis hin zur Bundespolitik) -- dies durchaus im Zusammenhang mit wertvollen Aspekten der Vernetzung zu sehen (Quelle: Wikipedia) --, genügen wohl kaum zur zielführenden Bewältigung der Aufgaben, die ein modernes Bahnwesen stellt.
Führungsqualitäten muß man sicherlich differenziert sehen. Aber aus meiner Sicht erfordert Führungsautorität als wesentlichen Bestandteil Empathie und Offenheit, bei aller Notwendigkeit immer wieder unpopuläre Entscheidung treffen zu müssen. Das Verhalten Pofallas in seinem seinerzeitigen politischen Dasein (gegenüber Bosbach, Niebel u.a.) lassen diesbezüglich durchaus Zweifel aufkommen. Auch ist sein Auftreten im Bahnkonzern nach seinem Ausscheiden aus der Politik nicht so ganz unumstritten. Laut Spiegel Online vom 28.04.2016 (Sven Böll: Pofalla schmeißt "einen Verantwortlichen nach dem anderen raus") z.B. scheint Pofalla nicht gerade von einem sozialintegrativen Führungsstil beseelt zu sein: " Ronald Pofalla regiert durch bei der Deutschen Bahn. Nach SPIEGEL-Informationen drängt der frühere Kanzleramtschef einen Manager nach dem anderen zum Rücktritt - die Kollegen sind alarmiert." (ebd.) Es ist die Rede von einer "rigiden Sozialpolitik", welche "im Konzern für zunehmende Unruhe" sorge. Und Unruhe ist wohl das Letzte, was man bei Vorgabe von Zieloptimierungen gebrauchen kann. Diesen Aspekt sollte Pofalla -- vielleicht mit Blick auf sein Sozialpädagogikstudium -- gründlich durchdenken. Stichwort: Reversible Verhaltensweisen als Grundlage eines konstruktiven Miteinanders.
Ich zitiere wörtlich aus dem Spiegel-Artikel (ebd.): << "Wir erleben hier eine beispiellose Aktion Morgenröte", sagt ein Insider. Pofalla sei auf Samtpfoten zur Bahn gekommen und zeige nun offenbar sein wahres Gesicht. Er sichere seine Macht wie ein Minister ab und werfe einen Verantwortlichen nach dem anderen raus.>>
Und es geht nicht gerade wohlwollender weiter, wenn es heißt: So verlasse nun auch "die renommierte und intern sehr geschätzte Leiterin der Rechtsabteilung, Marianne Motherby, das Unternehmen. Dass Pofalla in einer internen E-Mail schrieb, Motherby lege ihre Funktion auf "eigenen Wunsch nieder" und scheide in "bestem Einvernehmen" aus, wurde von vielen Mitarbeitern mit Kopfschütteln quittiert."
Ein weiterer Weggang wird im vorgenannten Artikel wie folgt kommentiert: "So sägte Pofalla kürzlich die langjährige Umweltchefin der Bahn ab, um seinen früheren Büroleiter im Kanzleramt, Andreas Gehlhaar, zu ihrem Nachfolger zu machen. Gehlhaar war bislang nicht als Umweltexperte aufgefallen."
Ebenfalls als fragwürdig wurde von den Kollegen angeblich "die Ablösung des Sicherheitschefs: Gerd Neubeck, ehemaliger Vizepräsident der Berliner Polizei und Honorarprofessor, (der) weit über den Konzern hinaus anerkannt.(war)," empfunden.
(Übrigens hat Rüdiger Grube Roland Pofalla -- soweit mir bekannt -- zur Bahn geholt und wollte ihn dort auch zu seinem Nachfolger aufbauen. Vielleicht eine nützliche Information zur besseren Durchdringung des komplexen Sachverhaltes.)
Natürlich müssen die Begründungszusammenhänge für jeweilige Entscheidungen bekannt gemacht werden, damit eine sachliche Beurteilung von getroffenen Maßnahmen möglich wird. Dazu bedarf es jedoch eines kooperativen Führungsstils, stets sozial-integrativ und von der Fähigkeit zur Sprachreversibilität abgesichert! Wer auch immer den Posten von Grube erhalten wird, diejenigen, welche hier die Entscheidung treffen, sollten überaus sorgfältig prüfen, ehe sie den Weg in die Bahnspitze jemanden frei machen; es steht nämlich zu viel (auch für die Umwelt!) auf dem Spiel, als daß man sich hier Fehler leisten könnte ...
Daß die Politik, wenn man denn eine andere, eine bessere, eine auch in der Fläche präsente, Bahn möchte, zukünftig andere Weichenstellungen vorzunehmen hat, steht außer Frage. Leider zeigt die Entwicklung gegenwärtig in eine andere, in die falsche Richtung! Was bleibt? Hoffnung auf Regierungswechsel? Oder genügt bereits das Auswechseln einiger der Verantwortlichen?
Und Alexander Dobrinth selbst? Der gab sich im Fernsehen völlig überrascht über den plötzlichen Rücktritt Rüdiger Grubes, der seit 2009 Vorstandschef des bundeseigenen Konzerns war ... Wie hörte sich Dobrinth an? So: Es gab "wenig Einigungsbereitschaft auf beiden Seiten" und das sei "in der Tat eine so nicht zu erwartende Wendung". Wirklich? Zweifel dürfen durchaus erlaubt sein, finde ich.